Aggression bei Hunden

Das Wichtigste vorweg: Im Zusammenhang mit der Evolution betrachtet, ist Aggression etwas Nützliches, denn ohne Aggression gäbe es keinen Fortschritt. Die Aggression sicherte den Hunden das Überleben und ist - aus wissenschaftlicher Sicht - das Sichern, das Bewahren und Ausdehnen von Ressourcen gegenüber allfälligen Widerständen. Meist ist es so, dass der Hund im Defensivfall etwas behalten, im Offensivfall etwas bekommen will. Bedenkt aber immer, dass ein defensiv aggressiver Hund zwar genauso gefährlich ist wie ein offensiv aggressiver, er letztlich aber nur mehr Raum will.

 

Der Hund ist zumeist aggressiv, weil er Distanz bewahren oder vergrößern will, der Gegner weicht zurück und der umkämpfte Gegenstand bleibt in seinem Besitz. Eine erfolgversprechende Strategie, die, wenn sie sich mehrfach gelohnt hat, erlernt und gezeigt wird. Auch ein Hund der Angst hat, kann und wird aggressives Verhalten zeigen, wenn eine Flucht durch Leine, Zaun oder Bleib-Kommando verhindert ist, wenn passives Alternativverhalten wie Einfrieren oder Beschwichtigen die Situation nicht löst und vor allem, wenn der Hund gelernt hat, dass offensives Aggressionsverhalten dazu geeignet ist, die Distanz zum Auslöser zu vergrößern.

 

Wie sieht er nun aus, der aggressive Hund, der nach „vorne gehen“ wird? In erster Linie seht ihr, dass er seinen Körperschwerpunkt auf die Vorderpfoten verlagert. Er stellt Haare und Rute auf – diese zeigt oft in einem Bogen mit ihrer Spitze direkt auf den Widersacher – er macht sich groß, richtet die Ohren und die Augen sehr fokussiert auf den Widersacher und zieht die Lefzen hoch. Das Maul zeigt jedoch nur U-förmig die gefletschten Zähne und kein Zahnfleisch – daran könnt ihr gut erkennen, um welche Art der Aggression es sich handelt, denn beim defensiv aggressiven Hund seht ihr eine lange Maulspalte mit viel Zahnfleisch. Der Hund wird steif, sein Blick wird hart und er nähert sich frontal.

 

Was für uns gefährlich aussieht, kann sich aber – speziell unter Rüden- auch als so genannter Kommentkampf herausstellen: Viel ritualisiertes Säbelgerassel, aber letztlich keine Verletzungsabsicht. Der Kommentkampf ist wie eine Choreographie in der Tierwelt, die zwar über die Rangordnung entscheidet, gleichzeitig aber mehrere Beschwichtigungselemente mitbringt, sodass es zu keiner echten Beschädigungsabsicht kommt.

 

Ein Grund, warum ich immer so sehr auf den Besuch einer gut geführten Welpenschule poche, ist der, dass unser Hundekind dort lernt, dass manche Rassen außergewöhnlich aussehen, deshalb aber noch lange keine Aggression zeigen: Da wäre einmal die hoch aufgerichtete (früher meist kupierte) Rute des Terriers, auch sein manchmal steifbeiniger Gang, das faltige Gesicht des Shar Pei, die herausquellenden Augen des Mopses, die aufgestellte Rückenbehaarung des Rhodesian Ridgebacks oder die langen Stirnfransen des Schnauzers, die das Einschätzen seiner Mimik überhaupt oft erschweren. Alles Zeichen, die von unerfahrenen Hunden auch als aggressives Verhalten interpretiert werden könnten.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0